Deutsche Redaktion

"Attentat auf den König der Slowakei"

16.05.2024 11:17
Jerzy Haszczyński von der Rzeczpospolita erörtert die Ursachen der aktuellen Polarisierung in der Slowakei und erinnert an weitere Anschläge, die das Land in den letzten Jahren erschüttert haben. Außerdem: Russland wird immer stärker von China vasallisiert. Und: Apotheken wollen die "Pille danach" nicht verkaufen. Die Einzelheiten zu diesen Themen in der Presseschau.
 ARCHIVFOTO Auf diesem Archivfoto vom 27.02.2024 ist der slowakische Premierminister Robert Fico whrend einer Pressekonferenz in Prag zu sehen. Der slowakische Ministerprsident Robert Fico wurde am 15.05.2024 in dem Dorf Handlova im Westen des Landes angeschossen, wo eine auswrtige Kabinettssitzung stattfand. (mr) PAPRadek Pietruszka
*** ARCHIVFOTO*** Auf diesem Archivfoto vom 27.02.2024 ist der slowakische Premierminister Robert Fico während einer Pressekonferenz in Prag zu sehen. Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico wurde am 15.05.2024 in dem Dorf Handlova im Westen des Landes angeschossen, wo eine auswärtige Kabinettssitzung stattfand. (mr) PAP/Radek Pietruszka PAP/Radek Pietruszka

Rzeczpospolita: Attentat auf den König der Slowakei

Jerzy Haszczyński von der konservativ-liberalen Rzeczpospolita bezeichnet den Anschlag auf Fico, der vor Kurzem, nach dem Sieg seines loyalen Verbündeten Peter Pellegrini die absolute Macht im Lande erlangt habe, als “Anschlag auf den König der Slowakei”. Es, so Haszczyński, sei unmöglich, nicht auch an andere Anschläge zu denken, die in den letzten Jahren die Slowakei erschüttert hätten. Ein im Ausland  wenig bekannter Vorfall sei etwa die Ermordung von zwei Homosexuellen in einer Bar in Bratislava im Jahr 2022. Der Täter, der kurz darauf Selbstmord begangen habe, sei ein rechtsextremer Extremist gewesen, der vom norwegischen Terroristen Anders Breivik fasziniert gewesen sei.

Die slowakische Gesellschaft, so der Autor, sei traumatisiert und polarisiert. Ein großer Teil verfalle Populisten und Radikalen, was unter anderem mit dem Zerfall des Traums von der Umwandlung der Slowakei in einen wirtschaftlichen „Tiger der Tatra“ erklärt werden könne. Robert Fico sei gerne in der Rolle des Populisten, Radikalen und Nationalisten aufgetreten. Früher, in den Zeiten des Traums vom Tiger, habe er gerne die Rolle des fortschrittlichen Europäers und Sozialdemokraten gespielt.

Entgegen seinem Willen sei Fico auch in der Rolle des Kopfes eines korrumpierten Systems aufgetreten, über das Ján Kuciak geschrieben habe. Der Investigativjournalist sei 2018 von einem Attentäter erschossen worden – und davon hätten sicherlich alle gehört. Ebenso wie von den gigantischen Demonstrationen, die danach durch die Slowakei gezogen seien. In ihrer Folge habe Robert Fico die Macht verloren, und es habe so geschienen, als ob es für immer geschehen sei. Doch er habe sich erholt und die Parlamentswahlen im vergangenen Jahr gewonnen.

Regierungen, die aus verschiedenen Parteien zusammengeschustert und nur durch die Opposition gegen Fico vereint worden seien, hätten ihre Unterstützung verspielt und viele Slowaken vergessen lassen, worüber Kuciak geschrieben habe. Die Erinnerung an den erschossenen Investigativjournalisten verleihe dem Anschlag auf Robert Fico, der das Hauptthema von Kuciaks Artikeln gewesen sei, eine gespenstische Symbolik, so Jerzy Haszczyński in der Rzeczpospolita.

Dziennik/Gazeta Prawna: Für Xi ist Putin das, was Lukaschenko für Putin ist

Wladimir Putin beginnt heute einen zweitägigen Besuch in China. Es sei seine erste Auslandsreise seit seiner Amtseinführung für die fünfte Amtszeit, schreibt in seiner Analyse für die heutige Ausgabe des Wirtschaftsblatts Dziennik/Gazeta Prawna Michał Potocki. Seit dem Beginn der Invasion in der Ukraine, so der Autor, werde Russland zunehmend von Peking abhängig. Die Vereinigten Staaten hätten eine rote Linie für ihre Zusammenarbeit festgelegt: direkte Waffenlieferungen. Moskau und Peking würden sich zwar als Verbündete im Bestreben sehen, den amerikanischen Einfluss in der Welt zu schwächen, aber die VR China vermeide es, in die Rolle eines Verbündeten im Krieg gegen die Ukraine gedrängt zu werden. 

Die Wahl des ersten Reiseziels, so der Autor weiter, habe symbolische Bedeutung. Frühere Amtszeiten habe Putin in Weißrussland (2000), der Ukraine (2004), wieder in Weißrussland (2012) und in Österreich (2018) eröffnet. Diesmal besuche er Peking und es werde sein viertes Treffen mit Präsident Xi Jinping seit dem 24. Februar 2022 sein. “Für Xi ist Putin das, was Lukaschenko für Putin ist. Dieses Arrangement erinnert an eine Matrjoschka”, so der in Tschechien lebende russische Politologe Iwan Prieobrażenski im Gespräch mit Dziennik/Gazeta Prawna. Und fügt hinzu, dass der Kreml trotz der wachsenden Abhängigkeit sicher sei, dass Peking Moskau unter keinen Umständen im Stich lassen werde, ebenso wie Alexander Lukaschenko sicher sei, dass der Kreml sich nicht von seinem Regime abwenden werde. 

Ein Beweis für die wachsende wirtschaftliche Vasallisierung Russlands seien die Handelsindikatoren. China sei für 33 Prozent des russischen Außenhandels verantwortlich, während der Handel mit dem nördlichen Nachbarn für China nur 4 Prozent des Gesamtvolumens ausmache. Peking liefere zwar keine Waffen an die Russen, stimme aber dem Export von Mikroprozessoren, optischen Geräten und Drohnenmotoren zu, die dann in der Rüstungsindustrie verwendet würden, so Michał Potocki in Dziennik/Gazeta Prawna.

Gazeta Wyborcza: Apotheken wollen “Pille danach” nicht verkaufen

Über Probleme mit der Liberalisierung des Zugangs zur sogenannten “Pille danach” schreibt in ihrem heutigen Aufmacher die linksliberale Gazeta Wyborcza. Wie das Blatt erinnert, habe die Bürgerkoalition im Wahlkampf den Zugang zur „Pille danach“ ohne Rezept versprochen. Präsident Andrzej Duda habe jedoch im März ein Veto gegen die Novellierung des Erstattungsgesetzes eingelegt, mit der Begründung, dass die Pille seiner Meinung nach erst ab 18 Jahren rezeptfrei erhältlich sein sollte, und nicht bereits ab 15 Jahren. Bei jüngeren Personen sollten Eltern oder Erziehungsberechtigte an der Entscheidung über deren Verwendung beteiligt sein. In Reaktion auf das Veto habe Gesundheitsministerin Izabela Leszczyna angekündigt, dass sie Plan „B“ umsetzen werde: Ein Pilotprogramm, in dessen Rahmen man ein Rezept für die Pille nicht beim Arzt, sondern beim Apotheker erhalten könne.

Es habe sich jedoch herausgestellt, dass bis Dienstagnachmittag nur 378 Apotheken Interesse an dem Pilotprogramm bekundet hätten. Angesichts der Tatsache, dass es im Land etwa 14.000 Apotheken gebe, seien das weniger als 3 Prozent. Das Interesse am Programm sei zudem sehr ungleichmäßig verteilt. Die meisten – nämlich 79 Apotheken – hätten sich aus der Woiwodschaft Schlesien gemeldet. An zweiter Stelle stehe Großpolen mit 63 Apotheken. In Masowien seien es bisher nur 29. Das wäre selbst für Warschau wenig, und dabei gehe es um die bevölkerungsreichste und flächenmäßig größte Woiwodschaft.

“Ich glaube nicht, dass es hier um eher rechte Ansichten geht. Vielmehr darum, dass die Apotheken sich erst auf diesen Pilotversuch vorbereiten. Ich bin überzeugt, dass die Zahl der Apotheken im Programm systematisch steigen wird”, kommentiert Marek Tomków, Präsident der Obersten Apothekerkammer.

Der Nationale Gesundheitsfonds (NFZ), so Gazeta Wyborcza, sei jedoch besorgt über ein mögliches Scheitern des Programms. Um weitere Apotheken zu ermutigen, habe der Chef des Fonds am Dienstag eine Mitteilung herausgegeben, dass „der Apotheker unabhängig und eigenständig bei der Entscheidungsfindung im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit ist“, weshalb er keine Vertragsstrafen gegen Apotheker verhängen werde, die von Minderjährigen die Zustimmung der Eltern zur Verschreibung von Notfallverhütung verlangen oder die Ausstellung eines Rezepts ablehnen würden, wenn eine solche Zustimmung nicht vorliege, so Gazeta Wyborcza. 

Autor: Adam de Nisau


Sicherheitsbeamter: Chinas Rhetorik ähnelt russischer Propaganda

27.07.2023 07:04
Seit vielen Wochen verfolge China eine sich gut in die russische Desinformationskampagne gegen Polen einfügende Propaganda, teilte der Regierungsbeauftragte für die Sicherheit des Informationsraums, Stanisław Żaryn mit. Nach der jüngsten chinesischen Rhetorik sei Polen ein aggressives Land, stelle eine Bedrohung für andere Länder dar und rüste auf, um imperiale Ambitionen umzusetzen.

China - eine digitale Diktatur

18.08.2023 11:00
"Die Neuerfindung der Diktatur: Wie China den digitalen Überwachungsstaat aufbaut und uns damit herausfordert" - ein Gespräch mit Kai Strittmatter. 

„Pille danach“ soll zukünftig ohne Rezept erhältlich sein

15.01.2024 17:32
Die Regierung plant eine Gesetzesänderung, um die bisherige Rezeptpflicht abzuschaffen. 

"Pille danach": Präsident legt Veto gegen die Novellierung des Pharmaziegesetzes ein

29.03.2024 14:27
Gesundheitsministerin Izabela Leszczyna hatte zuvor angekündigt, dass die sogannte "Pille danach", falls der Präsident die Novellierung des Pharmaziegesetzes nicht unterzeichnet, mit einem Rezept erhältlich sein wird, das vom Apotheker ausgestellt werden kann.

Nach Präsidenten-Veto: Bildungsministerin appelliert um zügige Verordnung zu Zugang zur “Pille danach”

02.04.2024 10:25
Die Forderung folgt auf das Veto von Präsident Andrzej Duda gegen eine Gesetzesänderung, die es Personen über 15 Jahren erlauben würde, ohne Rezept Notfallverhütungsmittel zu erhalten. Gesundheitsministerin Izabela Leszczyna plant nun, die "Pille danach" mittels Verordnung ab dem 1. Mai durch ein von Apothekern ausgestelltes Rezept für über 15-jährige zugänglich zu machen.

Medien: Russische Spur im Attentat auf den slowakischen Ministerpräsidenten

16.05.2024 10:00
Der Täter des Attentats auf den slowakischen Regierungschef Robert Fico, Juraj C., war Autor und Dichter. Wie Medien berichten, habe der Slowake Migranten und den slowakischen Staat kritisiert und eine paramilitärische Organisation mit prorussischer Orientierung unterstützt.